Interview mit Leon Schröder: „In zentralen und strategisch wichtigen Gebieten gibt es kaum noch Flächenkapazitäten“

bürosuche.de: Lieber Herr Schröder, welche Veränderungen vollziehen sich aktuell auf dem Markt der Logistikimmobilien?
Leon Schröder: Da tut sich im Moment einiges. Wir sehen aktuell, dass sich der Hallenflächenbedarf spürbar erhöht. Zudem legen Mieter und Käufer deutlich mehr Wert darauf, das Gebäude klimaneutral erbaut und mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Die Nachfrage nach solchen umweltfreundlichen bzw. klimaneutralen Logistikimmobilien, den Netto-Null-Kohlenstoff-Gebäuden, wird in den kommenden Jahren erheblich ansteigen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass gesetzliche Vorgaben und Normen große Unternehmen immer mehr dazu verpflichten, Kohlenstoff einzusparen. Die Tendenz in der Projektentwicklung geht zudem weg von Greenfield-Projekten, also der Neuerschließung von Flächen bzw. dem Nachverdichten bebauter Flächen, hin zu den sogenannten „Brownfields“. Bei dieser Art der Projektentwicklung werden brachliegende Flächen neu entwickelt und wieder nutzbar gemacht.

bürosuche.de: Worauf ist der wachsende Flächenbedarf in der Logistik zurückzuführen?
Leon Schröder: Durch die Pandemie und den Krieg haben Unternehmen gelernt, höhere Bestände anzuhäufen, um auch in Krisenzeiten, die mit Lieferschwierigkeiten einhergehen, widerstandsfähig zu bleiben. Daraus resultiert, dass Produktions- und Lagerstandorte näher an den Endverbrauchers rücken. Wo zuvor Just-In-Time dominierte, heißt es heute eher Just-In-Case. Einen überproportional großen Anteil an dem wachsenden Flächenbedarf hat nach wie vor der kräftig wachsende E-Commerce- und Handels-Markt. Der allgemein immer stärker anwachsende Konsum in Europa und vor allem in Deutschland sowie das Online-Shoppen verstärken die Warenströme – und diese Güter müssen verarbeitet, gelagert und transportiert werden. Das führt zu einem erhöhten Flächenbedarf und zieht die Ansiedlung weiterer Unternehmen in A-, aber auch B- und C-Lagen nach sich.

bürosuche.de: Welche Herausforderungen treten dadurch auf?
Leon Schröder: Im Größenbereich bis 10.000 m² Nutzfläche gibt es in zentralen und strategisch wichtigen Gebieten kaum noch Flächenkapazitäten. Das hängt damit zusammen, dass aufgrund von gestiegenen Baurohstoff- und Grundstückspreisen deutlich weniger Neubauprojekte realisiert werden. Die Entwicklung der in den Fokus gerückten Brownfields dauert zudem deutlich länger als Neubauprojekte auf der „grünen Wiese“. Auch als große Hürde anzusehen ist, dass Städte und Gemeinden Logistikstandorten aufgrund des gesteigerten Verkehrsaufkommens und der vergleichsweise niedrigen Gewerbesteuerbeiträge und Mitarbeiteranzahl zunächst nicht positiv gegenüberstehen. Es werden aber dringend weitere Hallenflächen benötigt, da zukünftig immer mehr konsumiert und somit transportiert werden muss.

bürosuche.de: Wie sollten sich Kunden verhalten, um eine passende Fläche im geplanten Zeitrahmen zu finden?
Leon Schröder: Am besten stehen die Chancen, wenn Unternehmen Lagerflächen abseits der eng bebauten und begehrten Industrie- und Gewerbegebiete suchen, sofern dies mit dem Tagesgeschäft vereinbar ist. Aber selbst dort ist es sinnvoll, eine Vorlaufzeit von sechs bis 18 Monaten einzuplanen. Kunden sollten zudem das Marktgeschehen im Auge behalten und im richtigen Moment die Chance nutzen. Der enge Austausch mit Maklerhäusern kann die Wartezeit dabei deutlich verkürzen.

bürosuche.de: Steigende Rohstoffpreise, hohe Immobilienpreise, stockende Lieferketten – welche guten Nachrichten gibt es für Logistik-Unternehmen?
Leon Schröder: In Deutschland ansässige Logistik-Unternehmen genießen eine hervorragende regionale und überregionale Anbindung in die EU, die stetig ausgebaut wird. Die Logistik-Technologien sind hochwertig und werden stetig verbessert. Das führt dazu, dass ausländische Unternehmen weiterhin nach Deutschland expandieren und neue Arbeitsplätze schaffen. Deutschland wird daher künftig weiter eine treibende Kraft auf dem Logistik-Markt sein.

bürosuche.de: Worauf sollten Mieter von Gewerbeflächen bei der Anmietung achten, damit die Fläche langfristig effektiv und kostenschonend nutzbar ist?
Leon Schröder: Mieter sollten auf die Möglichkeit einer langfristigen Mietlaufzeit achten, die mit der Option auf Verlängerung des Mietvertrags sowie (bestenfalls) Erweiterungsmöglichkeiten auf demselben Grundstück verbunden ist. Außerdem rate ich Mietern immer, im Vorfeld genau zu prüfen, ob die Immobilie sich langfristig gesehen an eine Veränderung des Tagesgeschäfts anpassen lässt und notwendige infrastrukturelle Voraussetzungen erfüllt.

bürosuche.de: Welche technische Ausstattung benötigen Gewerbeflächen, um konkurrenzfähig für morgen zu sein?
Leon Schröder: Besonders wichtig ist, dass sich Funktions- und Unternehmensbereiche übergreifend koordinieren lassen. Zukünftig wird der Einsatz von Automatisierung und Robotern im Logistikbereich erwartungsgemäß noch deutlich zunehmen und technologische Entwicklungen werden ein wesentlicher Treiber für die Entstehung neuer „intelligenter“ Gebäudetypen sein. Eine Gewerbefläche muss daher die technischen Voraussetzungen mitbringen, um GPS, RFID, Barcodes, KI und Robotertechnik einzubinden.