Immobilien-Experte Leon Müller: „Ältere Bestandsimmobilien in Hamburg können der Konkurrenz durch moderne Objekte nicht standhalten“

bürosuche.de: Lieber Herr Müller, gibt es nach der Datenlage der Angermann Real Estate Advisory AG neue Tendenzen auf dem Hamburger Büromarkt?
Leon Müller: Im Prinzip nicht. In Hamburg befindet sich der Büromarkt in solidem Fahrwasser. Es ist bisher tatsächlich kein schlechtes Jahr in der Hansestadt gewesen, wie oft kolportiert wird. Allein unser Haus hat 380 Mietvertragsabschlüsse für den bisherigen Jahresverlauf erfasst.

bürosuche.de: Welche Flächen sind aktuell besonders gefragt?
Leon Müller: Nach wie vor sind die Flächen zentrale Lage in Hamburg begehrt, die hochwertig ausgestattet sind. Eine besonders hohe Nachfrage verzeichneten wir in den vergangenen Monaten für mittelgroße Flächen bis 4.000 Quadratmeter.

bürosuche.de: Gibt es in Hamburg einen Newcomer-Stadtteil für die Anmietung von Gewerbe- und Büroflächen?
Leon Müller: Nein. Seit jeher ist die Hamburger Innenstadt mit dem Teilmarkt City der begehrteste und exklusivste Standort für hanseatische Unternehmer. Daran hat sich auch in diesem Jahr nichts geändert

bürosuche.de: Warum ist gerade die City so begehrt?
Leon Müller: Die Infrastruktur vor Ort ist einfach unschlagbar. Aber nicht nur die herausragende Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel und die vielfältige Gastronomie sowie Shoppingmöglichkeiten direkt vor der Tür tragen zu der hohen Nachfrage bei. Auch das einzigartige Hamburger Flair, welches der Neue und der Alte Wall, die Binnenalster, das historische Rathaus und der Jungfernstieg verströmen, machen ein Büro im historischen Stadtkern Hamburgs so interessant für Unternehmen. In Hamburg gilt zudem: Außerhalb wird gewohnt, in der Innenstadt wird gearbeitet. Daher versuchen Unternehmen ein Büro in dieser besten Lage anzumieten. Schließlich zieht ein zentralliegender und attraktiver Arbeitsplatz die vielfach stark umworbene Fachkräfte an.

bürosuche.de: Ist die Nachfrage nach Großraumbüros, Zellenbüros oder eine Mischung aus beiden aktuell am größten?
Leon Müller: Flex-Desk-Arbeitsmodelle setzen sich gerade durch. Das sehen wir auch an den vermieteten Objekten in Hamburg. Die Flächen sind primär zu Teambüros und Großraumbüros aufgeteilt. Spezielle Branchen wie Beratung oder Rechtsanwälte benötigen jedoch aufgrund ihrer Arbeitsweise weiterhin ihre abgeteilten Bereiche als ruhigen Rückzugsraum.

bürosuche.de: Ist New Work noch New Work oder ist das heute eine Selbstverständlichkeit?
Leon Müller: New Work – wie auch immer das jeder für sich individuell definiert - ist schon seit Längerem kein Trend mehr. Vermieter haben sich bereits auf die Erwartungen der Kunden eingestellt und ihre Büros dahingehend optimiert, dass flexibles Arbeiten und offene Räume sowie Rückzugsmöglichkeiten in der Regel vorhanden sind.

bürosuche.de: Sind in Hamburg eher sanierte Büros und Neubauprojekte gefragt oder Bestandsimmobilien?
Leon Müller: Ganz klar sanierte Büros und Neubauobjekte. Eine hochwertige Ausstattung und gute Gebäudequalität sind gefragt, um die Mitarbeiter nach der Coronazeit wieder zurück ins Büro zu holen und ein attraktives Umfeld zu schaffen. Ältere Bestandsimmobilien können der Konkurrenz durch Neubauten oder modernisierte Objekte nicht standhalten. Da hilft meist auch nicht das Absenken des Mietpreises. Viele Unternehmen wählten in diesem Jahr hochpreisige, dafür aber kleinere Flächen als noch vor einigen Jahren.

bürosuche.de: Welche Branchen sind auf dem Hamburger Büromarkt aktuell besonders aktiv?
Leon Müller: Der Wirtschaftszweig „Industrie“ hat im dritten Quartal 2023, gestützt durch eine Großanmietung von mehr als 12.000 m², besonders viel Bürofläche angemietet. Aber auch IT- und Multimedia sowie die Beratungsbranche haben verstärkt Gewerbeflächen auf dem Hamburger Immobilienmarkt gesucht.

Den Büromarktbericht mit den aktuellen Zahlen finden Sie hier.